Unterricht reflektieren

Um den eigenen Unterricht zu professionalisieren, muss er reflektiert werden. Wie kann das gelingen, wenn man in der Regel allein vor der Klasse steht?

Das Wichtigste ist, dass die eigenen Wahrnehmungen trainiert werden. Beobachten Sie die Reaktionen Ihrer Schülerinnen und Schüler auf Arbeitsaufträge und Materialien. Bestimmen Sie ihre Vertrautheit mit den Methoden. Versuchen Sie festzustellen, ob die von ihnen gewählten Sozialformen das Lernverhalten zwischen den Schülerinnen und Schülern unterstützen. Prüfen Sie, ob die getroffenen didaktischen Entscheidungen angemessen waren oder leiten Sie mögliche Veränderungen für den Unterricht daraus ab. Schleppende Unterrichtssituationen haben ihre Ursachen häufig in fehlender Motivation, in Unsicherheiten oder im Unverständnis der Schülerinnen und Schüler gegenüber den Materialien, dem Arbeitsauftrag oder den Methoden. Seltener führen auch die schulischen Rahmenbedingungen zu Spannungen im Unterricht.

Es ist fatal, die Ursachen für gelingenden Unterricht ausschließlich bei der Lehrerin oder dem Lehrer und für misslingenden Unterricht ausschließlich bei den Schülerinnen und Schülern zu suchen. Denn grundsätzlich glauben wir, dass der Mensch mit anderen kooperieren will, auch wenn man in der Schule manchmal zu anderen Schlussfolgerungen kommt. Hat man das Gefühl, dass die Klasse sich verweigert und nicht kooperieren will, muss man zuerst dieses Problem lösen. Das ist aber kein methodisch-didaktisches Problem, sondern bewegt sich auf der Ebene der Beziehungen.

Im Gegensatz dazu soll es hier um Hinweise für die Evaluation von Unterricht gehen, die sich auf fachliche und methodisch-didaktische Aspekte beziehen. Auf diese Aspekte können Sie sich konzentrieren:

1. Beobachtungen verschriften
Machen Sie sich unbedingt Notizen und Vermerke in den Planungsunterlagen, wenn Materialien, Arbeitsaufträge, Stundenkonzepte gelingen. An diesen Beobachtungen und Erfahrungen lernen Sie. Hier entsteht Ihre künftige Sicherheit.
 
2. Sich selbst als Lerndende und Lernender verstehen
Ärgern Sie sich nicht zu sehr, wenn etwas misslingt. Sehen Sie darin die Chance des Lernens und machen Sie sich bewusst, dass es nur wenige Stunden im Schulalltag gibt, in denen alles gelingt.
 
3. Schülerinnen und Schüler als Experten schätzen

Nehmen Sie Ihre Schülerinnen und Schüler als Experten im Lernen wahr. Sie können am besten einschätzen, wann und wie Unterricht erfolgreich ist.

 

Fragen Sie sie deshalb, was und wie geändert werden muss, damit Lernen erfolgreicher wird. Schülerinnen udn Schüler geben einem in der Regel die wertvollsten Hinweise.

 

4. Unsicherheiten identifizieren

Analysieren Sie das Stundenkonzept in Bezug auf wahrgenommene Unsicherheiten der Schülerinnen und Schüler:

 

  1. Wurden die Lernvoraussetzungen richtig eingeschätzt?
  2. Wurden die Methoden passgenau und zielführend gewählt? Wo lagen Unter- oder Überschätzungen?
  3. Waren die Aufgaben ausreichend präzise?
  4. Waren die Materialien in ihrem Anspruch zu hoch oder in der Sprache zu schwierig?
  5. Wurden die gruppendynamischen Prozesse ausreichend bedacht?

 

5. Unterricht mit den Augen der Lernenden ansehen
Prüfen Sie kommende Stundenentwürfe erneut und versuchen Sie ihre Planungsvorhaben aus der Perspektive der Schülerinnen und Schüler wahrzunehmen:
 
  1. Wenn ich meinen Entwurf lese, dann erlebe ich vor meinem inneren Auge in dieser Stunde …
  2. Weiß ich als Schülerin oder Schüler, worum es in der Stunde gehen soll?
  3. Weiß ich als Schülerin oder Schüler, was ich in der Stunde machen soll?
  4. Weiß ich als Schülerin oder Schüler, was von mir erwartet wird?
  5. Bauen die einzelnen Phasen dynamisch aufeinander auf?
  6. Stimmen die Übergänge?
  7. Gibt es Brüche oder Spannungen?
  8. Weiß und kann ich als Schülerin oder Schüler am Ende etwas mehr als zuvor?
  9. Sind alle Materialien und Medien vorhanden?